GRRRLS Jam News

„Ach du Scheiße, so muss es sich wohl anfühlen, als Mann Musik zu machen.“

 

Einmal im Monat veranstaltet der Verein GRRRLS aus Graz den GRRRLS Jam, eine Jamsession* für Mädels, Frauen und Transgenderpersonen. Wieso einen eigenen Jam speziell für Frauen? Was hat es damit auf sich? Sind wir nicht alle emanzipiert genug dafür, dass wir so etwas nicht mehr brauchen?

 

Ich bin Musikerin, und meine Musik über mein Geschlecht zu definieren wäre mir bislang im Traum nicht eingefallen. Doch nachdem ich seit mehreren Jahren mit meiner Band in der österreichischen Musikszene unterwegs bin kann ich euch sagen, die Welt, oder zumindest das schöne Österreich, tut sich dabei ganz leicht. „Wow, für eine Frau spielst du ziemlich gut Gitarre!“, „Du solltest echt mehr Musik machen, weil es gibt eh so wenig Frauen, die das gut können.“ „Boa, du spielst echt schräge Sachen auf der Gitarre. Das is’ schon eher unüblich für eine Frau. Cool!“

Zu Beginn fand ich diese Aussagen einfach nur bescheuert und nahm sie nicht so ernst. Nach dem fünften oder zehnten Mal begannen mich solche Kommentare aber zu ärgern. Kann ich denn bitte einfach ein Kompliment bekommen, das auf mich und nicht auf die halbe Menschheit bezogen ist? Nach einiger Zeit begann ich sogar unbewusst das Gedankengut zu übernehmen. Ich ertappte mich dabei, bei einer Jam Night die Bühne nicht betreten zu wollen, weil ich die einzige Frau im Raum war und kein Klischee erfüllen wollte. Sprich: Ich will ja nicht NUR singen, ja nicht schlecht Schlagzeug spielen, ja keinen falschen Ton an der Gitarre von mir geben. Ach, wie gerne hätte ich mich ans Schlagzeug gesetzt und ein bisschen improvisiert. Aber bevor ich mit meinen dürftigen Schlagzeugkenntnissen ein Klischee erfüllen würde, machte ich lieber einen Schritt zurück und hielt mich von der Bühne fern.
Das Beispiel ist eine ernüchternde Erkenntnis, dass selbst ich mich manchmal in die Kategorie „Frau, die Musik macht“ und nicht einfach „Mensch, der Musik macht“ stecken lasse.

Musik hat kein Geschlecht. Talent hat kein Geschlecht. Leidenschaft hat kein Geschlecht. Genau aus diesem Grund war ich anfangs nicht so begeistert von der Idee, dass es in Graz einen eigenen Jam-Abend für Frauen gibt. Ich dachte mir, das betont doch erst wieder nur das Geschlecht und nicht die Musik, um die es in Wirklichkeit geht. Doch nachdem meine Neugierde größer als meine Skepsis war und Vernetzung immer gut ist, hab ich mich überwunden und ging hin. Die Stimmung war ausgelassen und locker. Trotz einigen nervösen Gesichtern wurden freudig neue Instrumente ausprobiert. Ein paar Leute rauchten noch eine, andere unterhielten sich und wieder andere waren in ihre Instrumente vertieft. Dass wir alles Frauen sind, war plötzlich total irrelevant. Warum sich selbst oder andere über das Geschlecht definieren, wenn wir doch alle das gleiche haben! Es war einfach eine coole Gruppe von Menschen, die sich einen guten Abend machten. Und plötzlich traf es mich wie ein Schlag: „Ach du Scheiße, so muss es sich wohl anfühlen, als Mann Musik zu machen.“ Sprich, das Geschlecht spielt eben keine Rolle, und was mich von anderen Musikern unterscheidet ist meine Spielweise, mein Können, mein Zugang zur Musik, usw. Im Endeffekt geht es darum, dass wir alle doch einfach nur Musik machen wollen. Egal ob Mann oder Frau. Und je mehr wir aufhören uns gegenseitig in Schubladen zu schieben, desto leichter wird es für uns alle, das zu tun.

Ziel ist nicht, dass wir noch mehr Jams haben, die geschlechtsspezifisch sind, nein. Ziel ist es, dass wir alle miteinander Musik machen und uns als Individuen wahrnehmen. Bis das der Fall ist, sind Jams für Mädels eine Möglichkeit, zu erleben was es heißt, einfach Musik zu machen. Ohne Stereotypen, ohne Klischees und ohne dem Druck entsprechen zu müssen. Wenn man das einmal erlebt hat, wird der Schritt auf die Bühne in einer männerdominierten Szene immer leichter. Denn es geht ja nicht um das Geschlecht.

Und Mädels! Unser Umfeld wird sich nur langsam ändern, doch unsere Einstellung und unseren Zugang haben wir selbst in der Hand. Du kannst dich von Klischees und Erwartungen erdrücken lassen, oder drauf scheißen und einfach du selbst sein.

Infos zum GRRRLS Jam
Wann: Jeden ersten oder zweiten Dienstag im Monat findet der GRRRLS Jam von 18 bis 22 Uhr statt. Ankündigung auf Facebook.
Wo: Glacisstraße, 8010 Graz im Proberaum der Grazer Band Just Friends and Lovers
Wie: Anmeldung per Mail an justfriendsandlovers@gmx.at
Zielgruppe: Frauen, Mädels, Transgenderpersonen

Genaue Details werden auf der GRRRLS Website und einem jeweiligen Facebook Event angekündigt. Der nächste Jam findet am 12.04.2016 statt!

* Eine Jamsession ist ein zwangloses Zusammenspiel von Musikern/Musikerinnen, die nicht üblicherweise in einer Band zusammenspielen und -singen.

Beitragsbild: GRRRLS Jam


Klara

Tanzen. Schreien. Ruhen. Lachen. Genießen. Umarmen. Entdecken. Weinen. Verzweifeln. Beobachten. Reflektieren. Akzeptieren. Wahrnehmen. Lieben lernen. Leben nennen. Wieder erkennen. Von mir trennen. Farbe sehen. Seide spüren. Gemeinsam gehen. An den Händen führen. Sowas kommt raus, wenn ich nicht weiß was ich über mich schreiben soll, jedoch in Gedanken versinke und die Finger am Tastaturbrett laufen lasse. Hmm, für alle die damit gar nix anfangen können (manchmal mich selbst inkludiert) noch ein paar Hardfacts. Derzeitiges Lieblings-T-Shirt: blaues kurzärmliges Angry Birds T-Shirt Charakterzug: chaotischer Kopf, auf der ständigen Suche nach Ordnung Was ich machen würde, wenn ich viel Kohle hätt' und nicht so ein Ökofritzi wär: Wann immer ich will stundenlang mit einem fetten Geländewagen und lauter Musik durch Wald, Wiesen und Gatsch fahren. Was würd' ich tun, wenn du vor mir stehen würdest: Dich knuddeln.

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